An das Hinternabwischen gewöhnt man sich schnell – es wird aber beschissen bezahlt

In Deutschland gibt es rund 2,4 Millionen Pflegebedürftige. 2030 sollen es schon 3,4 Millionen sein. Rund 730 000 werden in Pflegeheimen betreut. Altenpflegerin Stefanie Mann (27) hat ein Buch über ihren Alltag geschrieben. Sie spricht damit vielen aus der Seele, die unter hoher Belastung arbeiten, mit widrigen Arbeitsbedingungen, fehlender Anerkennung und schlechter Bezahlung zu kämpfen haben.

„An das Hintern abwischen gewöhnt man sich schnell“, sagt Stefanie und steht ihren Mann in ihrem Traumberuf, der nicht einfach nur irgendein Job ist. Was ihr daran am meisten Spaß mache: „Mir gefällt besonders, dass ich mit meinen Bewohnern eine Beziehung, eine tiefe Verbindung, aufbauen kann“. Obwohl dafür pro Patient täglich nur wenige Minuten Zeit bleiben. „Gespräche“ finden während des Windeln Wechselns oder des Betten Machens statt. Mehr geht nicht. Ein Skandal, wo gerade die Zuwendung für die oftmals Einsamen so heilende Wirkung hätte.

Gerade die Arbeit mit Demenzkranken verlangt viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl. Eine skurrile Anekdote dafür: Eine 90-Jährige musste sich übergeben und sagte erstaunt: “Oh Gott, ich kann doch nicht schwanger sein. Ich hatte doch gar nichts mit einem Mann“. Die verständnisvolle Altenpflegerin habe kurz gestutzt und anstatt ihr zu widersprechen gesagt: „Keine Sorge, dann ziehen wir den Wurm gemeinsam auf“.

Menschen wie Stefanie Mann sind hochmotiviert und engagiert, aber beschissen bezahlt, vergleicht man ihre Leistung, die nicht nur körperlich sondern auch psychisch herausfordernd ist, mit anderen Tätigkeiten, die weitaus weniger Verantwortung für andere beinhalten.

Seit Jahren dieselbe Leier der politisch Verantwortlichen, es müsse dringend was getan werden, um den Pflegenotstand zu bessern. Wir hätten einen Fachkräftemangel in Deutschland. „Dringend“ scheint ein dehnbarer Begriff, so dehnbar wie der Geduldsfaden der Betroffenen. Tatsächlich ändert sich seit Jahren nichts! Zumindest nicht zum Besseren. Im Gegenteil:

Es wird an allen Ecken und Enden gespart im Bereich der Altenpflege.

Fachkräfte gäbe es genug. Diese wandern aber ab ins europäische Ausland. Wo sie für dieselbe Leistungen bei besseren Arbeitsbedingungen auch höher bezahlt werden.

Man kann es Ihnen nicht verdenken, liegt das Bruttoeinkommen in Pflegeberufen in Deutschland  bei durchschnittlich rund 2.400.- Euro monatlich. Zudem gibt es deutliche, nicht zu erklärende Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die rund 12 % weniger Lohn erhalten als Männer. Arbeiten sie zudem noch in Ostdeutschland gibt es nochmal bis zu 19 % weniger aufs Konto als im Westen der Republik.

Der „Fachkräftemangel“ –  in Form von tausenden offener Stellen – soll seit Jahren ausgeglichen werden durch Zuwanderung aus Osteuropa. Nun sind es vor allem Pflegekräfte aus China und von den Philippinen, die die Versorgungskrater schließen sollen, die die Wachstums-Explosion der senilen Alten verursachen. 8 Monate Deutsch-Unterricht ist dafür vorgesehen. Ein schlechter Sprachwitz, der bei mangelnder Verständigung im Notfall für den Patienten tödlich enden kann.

Alt werden wollen wir alle. Im Pflegeheim zu landen, muss nicht in der Katastrophe enden. Dies setzt aber voraus, dass die Verantwortlichen endlich erkennen, dass Altenpflege weit mehr bedeutet, als alten Menschen den Arsch abzuwischen. Menschen, die ihr Berufsleben lang ihren gesellschaftlichen Beitrag geleistet haben, verdienen eine gute Pflege im Alter. Menschen, die diese Pflege leisten, müssen endlich gewürdigt werden. Gesellschaftlich, politisch und nicht zuletzt finanziell.